1. Januar 2019
Touch The Mountains
Hecht
Saint City Orchestra
Bligg
Promenade Interlaken
Wow, was für ein cooler Event sich da in den letzten 15 Jahren entwickelte. Touch the Mountains ist ein fast konstenloses Konzert. Fast, weil die Plätze im Golden Circle direkt vor der Bühne CHF 25.- kosten. Ausserhalb dieses Bereichs kann man die Konzerte aber kostenlos sehen und hören. Die ganze Promenade in Interlaken verwandelt sich in eine grosse Festmeile. Im Ice Magic Dorf kann man auf Schlittschuhen gleiten. Die Stände laden danach mit fairen Preisen zu Bratwurst, Glühwein und Bier ein. Es herrscht eine herrlich friedliche Stimmung. Berner Oberländer Gemütlichkeit eben. Kurz vor Konzertbeginn kommen die Besucher/Innen aus allen Ecken Richtung Bühne gelaufen und plötzlich ist der Golden Circle sehr gut besucht. Die Security fackeln nicht lange und lassen die mit den Armbändchen durch. Man merkt die Routine dieser sehr netten Herren und Damen an. Wieso kann das nicht immer so sein?
Punkt 14:45 Uhr kommen Hecht aus ihrem Tümpel auf die Bühne und zeigen gleich, wieso sie die Band der Stunde sind. Im Sommer waren sie auf jedem grösseren Festival und danach folgte eine komplett ausverkaufte Hallentournee durch die Schweiz. Gitarrist und Sänger Stefan Buck bringt sogar Väter mit ihren Kinder auf den Schultern zum Hüpfen. Egal ob Hit aus dem Radio oder ein Song vom aktuellen Album «Oh Boy», es wird automatisch mitgesungen.
«Am Hecht konzärt chunts nid druf ah ob meh schön singt,
es muess eifach Luut si»
Hecht sind live eine absolute Wucht, die ihrem Publikum alles abverlangen. Sie selber geben ebenfalls alles und ein Ausflug ins Publikum gehört genau so dazu wie die Boygroup-Tanzeinlage beim Song «Kawasaki». Hecht dürfen das, weil sie es können, die Tanzschritte sind perfekt synchron. Hut ab.
Man könnte den fünf Musikern aus «Hoftere» (für nicht Luzerner: Hochdorf (LU)) noch stundenlang zuhören. Doch es warten schon die St. Galler vom Saint City Orchestra darauf ihr Pub auf die Bühne zu stellen. Ja, die Jungs haben eines der schönsten Bühnenbilder, das ich bei meinen vielen Konzerten gesehen habe. Schon diese Tatsache alleine hätte mehr Aufmerksamkeit verdient. Aber wie das so ist, was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht. So wird es ein wenig leerer im Golden Circle. Es hat sogar noch einen Vorteil, dass da zwischenzeitlich nicht mehr so viele Leute stehen. Neben dem Bühnenumbau stellen sie zwei Holzfässer ins Publikum. Schon beim zweiten Song machen Geigerin, Eva Wey, und Gabriel Eschenmoser mit dem Akkordeon einen Ausflug zu den Fans und spielen auf diesen Fässer. Es ist ein typisches Irish Folk Lied, das zum Tanzen animiert.
Die, die da sind, haben richtig Spass und bald schon ist das Konzertgelände wieder gut gefüllt vor der Bühne. Nun gibt es für das Saint City Orchestra kein Halten mehr. Sogar eine Wall of Death wird gemacht. Okay, für den Circle Pit ist das Durchschnittsalter doch etwas zu tief. Aber erste Ansätze sind deutlich da. Eine weitere coole Aktion zeigen sie, als sie ein paar Fans auf die Bühne oder eben in ihr Pub einladen. Es gibt sogar Bier vom Fass. Das Pub ist naütrlich gut besucht und wie sich das für Irland gehört, wird auch getanzt.
Bei all dieser Gute Laune-Musik gibt es auch einen Moment der Ruhe. Sänger und Gitarrist Sandro Schmid holt für diese Ballade eine Gastsängerin auf die Bühne. Leider versagt das Mikro als Riccarda Näf zu ihrem Solopart ansetzt. Aus der Ruhe bringt sie das nicht, sie schnappt einfach das nächstbeste und als man sie dann tatsächlich hört, bekommt sie Applaus.
Das Saint City Orchestra kann das Publikum nach ein wenig Anlaufschwierigkeiten begeistern. und wird sogar für eine Zugabe zurückgeholt. Danach ist aber endgültig Schluss und das Pub musst dem DJ-Pult von Bligg weichen.
Es wäre jetzt unfair über Bligg etwas Negatives zu schreiben, nur weil mir seine Musik nicht gefällt. Denn das was der Zürcher Rapper macht, das macht er gut und es kommt bei der breiten Masse an. Immerhin zählt er zu den erfolgreichsten Schweizer Musiker.
Bereits zum vierten Mal stehen er und seine Band am Touch the Mountains auf der Bühne. Bligg erzählt, dass 2009 einen Anruf gekommen sei, dass Sido beim Touch the Mountains abgesagt habe und ob er einspringen könne. Das tat er gerne und noch heute sei er Sido dankbar das er absagte.
Danach zieht er sein Best of-Programm durch und musst nach jedem zweiten Song fragen «mögeter no?» Das Publikum feiert die erhoffte grosse Party und bei den Jüngeren ist es eine tolle Erfahrung und die Eltern schwelgen in Jugenderinnerungen Neben all den Hits wie «Musig i de Schwiiz» oder «Rosalie» dürfen die Songs vom neuen Album «KombiNation» (Das Album ist inzwischen mit Platin ausgezeichnet und in der Jahreshitparade auf Platz 4) nicht fehlen.
Bligg bringen die Veranstalter kaum noch von der Bühne. Drei Minuten früher das Konzert beenden, nur wegen dem Feuerwerk? Sicher nicht! Das reicht noch für eine 6 Minuten lange Zugabe. Die Zürcher Zeitrechnung funktioniert irgendwie anders als im Berner Oberland. Danach war aber endgültig Schluss.
Die Besucher/Innen suchen sich noch schnell einen Platz am Rand der grossen Wiese neben der Bühne, um einen gute Sicht auf das Kunstfeuerwerk zu haben. Auch da liessen sich die Sponsoren Schilthorn und Interlaken Tourismus das Feuerspektakel etwas kosten. Wunderschöne Kombinationen am Himmel und auf dem Boden sind zu sehen. Nach gut 20 bis 30 Minuten (ich habe während dem Feuerwerk völlig das Zeitgefühl verloren) ist dann endgültig Feierabend.
Ich mache mich auf den Heimweg, mit dem Gedanken, am 1. Januar 2020 das neue Jahrzehnt in Interlaken zu beginnen.
Die Organisatoren des Touch the Mountains machen schlicht und einfach alles richtig So das man sich als Gast Willkommen fühlt.