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1.Bericht_Titelbild_Empress_Stah_©Staget

16.+17. März 2019 Vaudeville Variety
Wintergarten Berlin

Das spannende an Varieté Shows ist, dass sie eine bunte Mischung von verschiedenen Kunstformen bietet. Bei der grossen Vaudeville Variety Revue im legendären Wintergarten, war das nicht anders. Zauberkunst, Akrobatik hoch über dem Bühnenboden oder auf der Bühne, Burlesque und Chanson Gesang wurde den Zuschauern von Initiator und co Host Sheila Wolf geboten. An seiner Seite hatte die Drag Queen die Schweizer Theater Schauspielerin und Burlesque Performerin Koko La Douce. Die beiden führten mit viel Witz, Selbstironie und Charme durch die Nacht. Durch die Nacht? Ja ganz im Stil der 20er Jahre begann die Revue erst nach 23:00 Uhr. 

 

Im Dino Kostüm betrat Sheila Wolf die Bühne und verkündete, dass sie mit 50 Jahren, sie feierte am Tag vorher ein halbes Jahrhundert Erdendasein, schon ein Alter Dino sei. Verwandeln oder in verschiedene Rollen schlüpfen macht der Person hinter der Kunstfigur Sheila viel Spass. Ausserhalb des Kostüms ist er ein Unternehmer und Familienvater. Um sich in Sheila zu verwandeln braucht er rund 4 Stunden. Er lasse sich gern Zeit bei umwandeln, da es wie ein Abtauchen in eine andere Welt sei.

Auch Koko La Douce liebte es, während der Show in verschiedene Kostüme und Rollen zu schlüpfen. Die quirlige Schweizerin Koko erblickte in Winterthur das Licht der Welt. Sie entzückte mit ihrer Spontanität. Selbst ein kleiner Schnitzer zu Beginn, als sie statt Chris Oh!, Empress Stah ankündigte überspielte sie gekonnt mit dem Kommentar, dass der Auszubildende ihr die falsche Moderation’s karte bereit legte. 

Für beste Unterhaltung ist Dank den beiden während der ganzen Show gesorgt. 

Koko_La_Douce_und_Sheila_Wolf

Als erster Künstler war der einmal mehr unglaubliche Boylesque Shooting Star und Burlesque Hall of Fame Preisträger Chris Oh! Der Neuseeländer zieht mit seiner poetischen Ballett Performance alle in seinen Bann. Anmutig bewegt er sich mit seinen grossen Fächern über die Bühne. Es ist unbeschreiblich ihm zuzusehen. Da stimmt von der Gestik über die Mimik einfach alles. 

Diese Perfektion zeigte er bei seinem zweiten Auftritt gleich nochmals.

Chris Oh! ©Stagetime.ch

Dann durfte Koko nochmals Empress Stah ankünden. Die Amerikanerin kam mit einem Ganzkörper Bodypaint aus Gold auf die Bühne. Das «Kostüm» wurde während der Performance zuerst mit der Giesskanne befeuchtet und liess sich durch das Wasser abreiben, so dass die Haut zum Vorschein kam. Ein künstlerisch hochstehender und spannender Act, den man so sicher noch nicht oft sah. 

Empress ist zudem eine grossartige Artistin. Am schwebenden Prisma zeigte sie nach der Pause eine rasanter Act. Zwischen den Beinen, auf Höhe des After, hatte sie einen Laser befestigt. Das Ganze sah sehr spektakulär aus, der Laser war jedoch fast zu schwach, dass man den Effekt gut 

erkennen konnte. 

 

Zauberkunst gehört zum Varieté, wie der Zauberstab zu den Magier und Illusionisten. Das Duo Norvil & Josephine bot eine, auf den ersten Blick, einfache Zaubershow. Zuerst mit den magischen Ringen, die sich in einander schieben lassen, der zweite Teil mit dem Tuch habe ich nicht ganz mitbekommen. Danach zauberten sie immer grösser werdende Fächer. Mit dem grössten liess es Christopher Howell Papierkonfetti schneien. Für mich war dies der Höhepunkt der Performance, weil es so leicht und unaufdringlich wirkte. Zum Schluss gab es noch einen Entfesslung’s Trick. Christopher wurde gefesselt und in einen schwarzen Sack verpackt und in eine Holzkiste gesperrt Desireé Kongerød machte den Deckel drauf und legte eine Kette um die Kiste. Sie stellte sich auf die Kiste ein schwarzer Vorhang ging hoch. Als dieser herunter fiel, stand plötzlich Christopher auf der Kiste, jedoch im Kostüm von Desireé. Sie wiederum kam im Playboy Bunny Kostüm aus der Kiste. Was einfach begann, wurde immer verblüffender. Genauso wie eben eine Zaubershow sein muss. 

Norvil and Josephine ©Stagetime.ch

Genau so magisch und zauberhaft war der Auftritt von Tosca Rivola. Die gebürtige Tschechin lebt inzwischen in Los Angeles. Ihr erster Auftritt mit der Peitsche war noch nicht der erhoffte Wow-Effekt.  Aber nach der Pause zeigte die zierliche, junge Frau, dass sie eine tolle Performerin ist. Mit ihrem Roue Cyr, einem sehr grosser Hoola Hoop Reifen, zeigte sie eine Performance, die sowohl poetisch, wie auch actiongeladen ist. Zudem ist es ein wahrer Kraftakt, was die Tosca leistet. 

Tosca Cyr ©Stagetime.ch

Das Chanson durfte ebenfalls nicht fehlen und mit Tim Fischer kam ein Mann in den Wintergarten, der als Chansonier die ganze Welt bereiste und mit einer unwiderstehlichen Art seine Geschichten erzählte. Drei Songs, darunter sein bekanntes Lied «Rinsteinprinzessin», präsentiere Fischer dem Berliner Publikum. Das Chanson ist ein sehr eigenwilliges Musik Genre. Entweder man liebt es, oder man hört irgendwann nicht mehr hin, weil einem die vielen Thempowechsel zu viel werden. Tim Fischer war der ruhende Pohl in einer Show, bei der sonst ein Höhepunkt auf den nächsten folgte. Die drei Songs gaben Zeit, zum durchatmen und seinen Texten, wie auch seiner fassettenreichen Stimme zu lauschen.

 

Zur Zeit sind Kontorsion Künstler/Innen auf allen Varieté Bühnen sehr gefragt. Kaum eine Show, die nicht einen Schlangenmenschen präsentiert. Philipp Tigris hat da eine ganz besondere Vorgeschichte. Er ist der Sohn einer Physiotherapeutin und eines Doktors für Orthopädie. 

Im zarten Alter von 7 Jahren begann Philipp autodidaktisch mit dem Training der Kontorsion. 

Wenn man dem 45 jährigen Mann zusah, wie er sich mit einer Selbstverständlichkeit verbiegt, schluckte man mehr als einmal leer. Besonders beeindruckend sein Finale. Man kann dies nicht beschreiben, deshalb lasse ich einfach ein Bild sprechen.

Philipp_Tigris_©Stagetime.ch-10.jpg

Und wenn man denkt, es könne nicht mehr besser kommen, wird man mit einer Burlesque Performerin überrascht, die man schon oft in der Schweiz gesehen hat. Lou Lou D’Vil war 2013 Queen of Burlesque/ Miss Exotic. In der Szene ist diese Auszeichnung vergleichbar mit dem Oscar® Der Film Branche. Die gebürtige Finnin ist ein Phänomen und bereiste schon mehrfach die ganze Welt.

Ausserhalb der Bühne ist sie eine aufgestellte und fröhlich Frau ohne Allüren, die viel und herzlich lacht. Sie erzählte mir vor der Show, dass sie sehr gerne in der Schweiz ist und neben der Schokolade auch das Käsefondue liebt. 

Auf der Bühne ist Lou Lou nach wie vor das Mass aller Dinge. Diese Verführung mit langsamen Bewegungen, den «Tease», lässt einem nicht mehr los. Das ist Burlesque auf Weltklasse Niveau, wie man es viel zu selten sieht und auch nicht einfach so nachmachen kann. 

Nach dem sie die 400 Besucher/Innen im ausverkauften Wintergarten um den Finger gewickelt hatte, ging es mit einer akrobatischen Performance am Aerial hoop hoch über dem Bühnenboden weiter. Man fragte sich, gibt es etwas, was dieser Szene Star nicht kann? 

Bei ihrem zweiten Auftritt zeigte sie ein etwas älter Act, den sie neu auffrischte. Der Cowgirl Act kann einem auch beim zwanzigsten Mal ansehen, nicht langweilen. Eine energiegeladene Performance mit viel Pump and Grind, ein für Burlesque typische Hüftbewegung. 

Selbst in der hintersten Ecke des Balkons spürte man Lou Lou D’Vil’s Freude auf der Bühne zu stehen und dem Berliner Publikum die Bestmögliche Show zu bieten. 

LouLou D'Vil ©Stagetime.ch

Als Sheila Wolf vor einigen Monaten in Zürich als Host bei der Ohh lala Cherie Revue zu Gast war, trat Charlie Placais aus Paris ebenfalls auf. Sheila nutze die Gunst der Stunde und engagierte den Franzosen gleich für die eigene Show. Die Nummer mit der Badewanne und den Aerial Straps, ist sehr beeindruckend. Anders als in Zürich hat Charlie mit Desireé Kongerød vom Zauberer Duo eine Sängerin an seiner Seite. Aus dem Badewannen «geplantsche» wurde so ein romantisches Duett. 

Charlie Plaçais ©Stagetime.ch

Ein weiteres Highlight war die Feuershow von Emma Mylan. Es war eine Art Querschnitt von dem, was sie normalerweise in Zürich bei ihrer eigenen Show zeigt. 

Ihr Auftritt war sicher etwas vom heissesten an diesem Abend. Emma liebt das Spiel mit dem Feuer, je grösser desto besser. Natürlich ist das Ganze nicht ungefährlich. Auf der grossen Bühne konnte sie sich aber richtig austoben. 

Einzig das Publikum ging bei ihr nicht so mit, wie zum Beispiel bei Chris Oh! Wahrscheinlich kamen sie aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Emma Mylan ©Stagetime.ch

Die Vaudeville Variety Show durfte die mit LED Screens ausgestattete Kulisse von der aktuellen Show «Let’s Twist Again» nutzen. Normalerweise kriegt man vor der Premiere, diese fand am 19. März statt, nichts aus der Show zusehen. Mit dem Trio Essence gab es aber doch ein kleines Appetithäppchen zu sehen. Die Handstand Akrobatinnen wären schon alleine eine weitere Reise nach Berlin wert. Dazu käme noch den tollen Rock ’n’ Roll Sound. 

Die kleine Schleichwerbung entpuppte sich  zu einem Superact. 

Trio Essence ©Stagetime.ch

Beim grossen Finale wurde man mit einer tollen Laser Show in andere Sphären gehoben. Begleitet wurde das optische Spektakel mit Live Gesang vom Host Duo Sheila und Koko. 

Zwölf Künstler/Innen von Weltformat, zwölf Performances, die für eine abwechslungsreiche Nacht sorgten, die man so schnell nicht vergisst. Die neunte Ausgabe des Vaudeville Variety überzeugte auf der ganzen Linie mit viel Witz und Charme in einem wunderschönen Theater, das Dank moderner Technik keine Wünsche offen lässt.

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