6. Januar 2019
Ohh lala Cherie
Plaza Klub
Es gibt Abende, da kann man nicht planen, dass alles passt und dennoch werden sie einfach perfekt. Die Ausgabe der Ohh lala Cherie Burlesque Revue im Januar 2019 war so ein Abend. Der Plaza Klub war schon einige Tage vorher ausverkauft und bereits eine Stunde vor Türöffnung tummelten sich die ersten Neugierigen vor dem ehemalige Kino. Kein Wunder, für dieses grossartige Cast wollten sich viele einen guten Platz auf den nicht nummerierten Sitzplätze ergattern. Um 19:00 Uhr gingen endlich die Türen auf die Schlange vor dem Eingang erreichte schon die hintere Hausecke. Wer jetzt anstehen musste, brauchte bestimmt eine dicke Jacke. Drinnen sorgten bereits einige Tänzerinnen für heisse Stimmung. Das Bauchladen-Fräulein ging eifrig ihren Geschäften nach und an den Bars herrschte Hochbetrieb. Frei nach dem Motto von Bonnie Fox, Host des Abends, «je mehr man trinkt, desto besser die Show».
Bonnie Fox eröffnete standesgemäss mit einem Song den Abend. Die ehemalige Weltmeisterin im Charleston ist ein Multitalent und hatte das Zürcher Publikum sofort in der Hand, umgekehrt wurde die gebürtige Australierin sofort ins Herz geschlossen. Egal, ob sie ein Wolfsgeheule oder Affenlaute vom Publikum forderte, sie bekam ihren Wunsch und im Saal wurde es sofort laut. Natürlich wurde Bonnie Fox bei ihrer obligaten Burlesque Performance lautstark unterstützt. Bonnie präsentierte ihren neuen Act «Now you has Jazz», eine Hommage an ihren Lehrer, die Swing Dance-Legende des Savoy Ballroom Frankie Manning (1914 -2009). Er hat Bonnies Interesse am Burlesque geweckt, indem er ihr Geschichten von Harlem’s Burlesque Tänzerinnen in den 30er-Jahren erzählte. Die Performance enthält viele Tanzschritte aus dem Jazz, die Bonnie Fox bei Frankie Manning gelernt hat.
Da diese Performance in voller Länge als Video verfügbar ist, gibt es ausnahmsweise bewegte Bilder.
Missy Fatal verzauberte mit einem klassischen Federtanz. Schön anzusehen und einen guten Einstig in eine Show, die von allem etwas zu bieten hatte. Klassische Burlesque-Nummern sind eben zeitlos. Ebenfalls zeitlos und immer auf's Neue ein Highlight, ist Mara de Nudeé mit ihrer Hommage an Marlene Dietrich. Mara hatte sichtlich Spass auf der Bühne und strahlte mit dem Publikum um die Wette. Die junge Dame aus Paris liebt das Spiel mit den Zuschauern und erntete dafür viel Applaus. Ihr zweiter Auftritt war etwas distanzierter. dafür dynamischer. Mara verriet mir an der After Show Party, dass er eine ältere Nummer mit neuen Elementen war.
Ohh lala Cherie ist nicht nur eine Burlesque- und modernere Neo Burlesque-Revue, es ist eine schöne Tradition geworden, dass man immer mehr Zirkusnummern auf Weltklasse-Niveau zu sehen sind. Mit der Verpflichtung von Tosca Cyr übertraf sich Art Directorin Emma Mylan aber selber. Die zierliche Amerikanerin aus Los Angeles bezauberte nicht nur, Tosca wickelte das Publikum zuerst mit lasziven Blicken um den kleinen Finger, danach zog sie ihren seidenen Morgenmantel aus und überrollte das Publikum mit einem Roue Cyr, einem übergrossen Hula Hoop-Reifen, in dem sie diverse Kunststücke machte. Eine Performance wie ich sie weder im Zirkus noch sonst wo gesehen habe. Voller Eleganz und Anmut dreht sich Tosca Cyr in diesem Ring. Nach der Show hat sie mir gesagt, dass die Plaza-Bühne fast zu klein für sie war und das Publikum in der vordersten Reihe sei mehrmals zusammengezuckt. Beim Erzählen konnte sie ein schelmischen Lächeln nicht verkneifen. Tosca ist neben der Bühne eine sehr sympathische und bodenständige Persönlichkeit. Da freut man sich auf ein Wiedersehen.
Clownerie und Artistik auf sehr hohen Niveau, so kann man den Brasilianer Raúl umschreiben. Der Handstand-Artist spielte seine Rolle als Playboy so überzeichnet und gleichzeitig charmant, dass im Publikum tränen vor Spass flossen. Raúl holte eine junge Frau aus dem Publikum, setzte sie auf sein Arbeitsgerät und machte über dem dem Kopf der Frau seine Performance. Wie sich das anfühlt, durfte ich bei den Proben am Nachmittag erleben. Raúl ist während er seinen Körper einhändig hochstemmt die Ruhe selbst. Der Brasilianer war eine tolle Abwechslung und begeisterte mit seiner humorvolle Art das Publikum.
Der Begriff Debütantin trifft bei Lulu nur bedingt zu. Immerhin wurde sie am Burlesque-Festival in Stuttgart zur Miss Burlesque gewählt und war schon auf diversen Festivals im Ausland zu sehen. Lulu brillieret mit aussergewöhnlichen Kostümen und einem grossen komödiantischen Talent. Es war also höchste Zeit, dass Lulu Applecheek ihr Heimspiel im Plaza gibt. Ihr erster Auftritt, eine Geschichte über Tauben, war ein gekonnter Mix aus klassischem Burlesque mit grossem Federfächer und Neo Burlesque.
War sie beim ersten Auftritt noch in der rolle des Vogels, schoss sie diesen buchstäblich bei ihrem zweiten Auftritt als Schneemann ab. Das Kostüm (siehe Foto unten) war einzigartig und repräsentierte Lulus kreative Arbeit, die man nicht beschreiben kann, sondern erlebt haben muss.
An diesem Samstag jagte ein Höhepunkt den anderen. Bis der Moment kam und Bonnie Fox in ihrem dritten Outfit an diesem Abend die letzte Nummer ankündigen musste. Ein letzter Höhepunkt und Highlight. Die Chefin, das Herz und die Seele von Ohh lala Cherie, Emma Mylan präsentierte ihre schon fast legendäre Feuernummer zur Musik von Lindsey Stirling. Die Energie geladene Performance mit den Elektro- und Geigenklängen von Stirling, ist eine Mischung, die perfekt funktioniert.
Danach war eine der besten Ohh lala Cherie-Ausgaben vorbei. Oder doch nicht?
Nach der Show ging es in der Kosmos Bar gleich weiter. Es wurde sogar auf der Theke getanzt. Die grossartige Stimmung vom Saal übertrug sich auf die After Party wie man sie noch selten erlebt hatte. Kurz, es war der perfekte Abschluss eines perfekten Abend, den man so nicht planen kann.